Menschen, die sexuelle Probleme haben und einen Therapeuten aufsuchen, wünschen sich im Rahmen einer Sexualtherapie zunächst einmal die Lösung „ihres Problems“.
Sexuelle Probleme als Ausdruck anderer Störungsbilder
Aus unserer langjähriger Erfahrung heraus sind sexuelle Probleme aber sehr oft nur die „Spitze des Eisbergs“. In den meisten Fällen sind anderen, häufig noch nicht erkannte Störungsbilder die eigentliche Ursache der Probleme in der Sexualität.
Einfach nur über sexuelle Probleme zu sprechen oder Verhaltenstrainings anzubieten, ist in der Regel nicht hilf-reich und führt möglicherweise sogar zu einer Verfestigung der Symptome („Auch der/die Sexualtherapeut/in kann mir nicht richtig helfen…“).
Deshalb ist eine genauer Diagnostik erforderlich, um herauszufinden, welche Ursache oder welche Ursachen den jeweiligen sexuellen Probleme zugrunde liegen.
Das kann bei ein und demselben Symptom höchst unterschiedlich sein: So können zum Beispiel sexuelle Funktionsstörungen, für die es keine medizinische Ursache gibt, wie etwa Libidoverlust, höchst unterschiedliche Gründe haben. Das reicht von Angststörungen über Depressionen und Suchterkrankungen bis hin zu Traumafolgestörungen infolge sexueller Missbrauchserfahrungen. Und jedes dieser Krankheitsbilder erfordert ein eigenes, höchst unterschiedliches therapeutisches Vorgehen.
Deswegen stehen im 1. Studienjahr die verschiedenen Störungsbilder nach ICD-10 im Zentrum der Ausbildung. Dabei geht es allerdings nicht darum, nur die Diagnosekriterien auswendig zu lernen, sondern ganz praktisch an Fallbeispielen aus der sexualtherapeutischen Praxis zu üben, wie sich bestimmte Störungsbilder richtig einordnen lassen und welche therapeutischen Verfahren dann am besten weiterhelfen.
Das kann eine Gesprächstherapie sein, aber auch eine Verhaltenstherapie oder eine spezielle traumatherapeutische Begleitung, welche die Weiterüberweisung an einen Spezialisten erforderlich macht.
Aus diesem Grunde ist das Leitbild der Akademie für Sexualtherapie weiter gefasst als in der klassischen Sexualtherapie: Es geht nicht allein um die Beseitigung sexueller Störungen, sondern um die Frage psychischer Gesundheit insgesamt.