Die therapeutische Haltung- Fortbildung Sexualtherapie
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Fortbildung Sexualtherapie
9. Kurseinheit
Die therapeutische Haltung
Die Beziehung Klient-Therapeut ist der wichtigste Wirkfaktor für eine erfolgreiche Therapie, wie zahlreiche neuere Studien belegt haben. Die therapeutische Beziehung ist demnach sogar noch entscheidender als die Auswahl eines bestimmten Therapieverfahrens. Wie Carl Rogers, der Begründer der Gesprächstherapie aufgezeigt hat, ist eine gute therapeutische Haltung geprägt durch die drei Größen Empathie, Akzeptanz und Kongruenz.
Die therapeutische Haltung: Empathie
Empathie, zu deutsch Mitempfinden, ist für jeden Therapeuten unverzichtbar. Dabei bedeutet Empathie im therapeutischen Setting weit mehr, als nur mit den eigenen Gefühlen nachempfinden zu können, was für Gefühle der Klient gerade hat. Es geht vielmehr darum, in jedem Moment sowohl die Gefühle des Klienten wie auch die eigenen Gefühle in Reaktion auf die Gefühle des Klienten zu beobachten. Die eigene gefühlsmäßige Reaktion des Therapeuten („Gegenübertragung“) ist eine wichtige Quelle zum Verständnis des Klienten und kann als wichtiges Feedback-Werkzeug in die Therapieplanung einbezogen werden.
Wichtig in diesem Zusammenhang: der professionelle Umgang des Therapeuten mit seinen eigenen Gefühlen. Der Therapeut ist nicht Freund oder Freundin des Klienten und sollte grundsätzlich keine Ersatzrolle für soziale Beziehungen des Klienten einnehmen. Und geäußerte eigene sexuelle Gefühle des Therapeuten gegenüber Klienten sind immer und unter allen Umständen ein schwerer Kunstfehler- sowohl während als auch nach Beendigung der Therapie.
Die therapeutische Haltung: Akzeptanz
Akzeptanz bedeutet im therapeutischen Bereich zunächst einmal, keine eigenen Wertungen auf das Verhalten des Klienten zu projizieren. Das ist besonders wichtig im Bereich Sexualtherapie, wo viele Klienten unter eigenen und fremden moralischen Urteilen erheblich leiden. Der Therapeut sollte daher bereits im Vorfeld um die eigenen moralischen Vorstellungen wissen- auch um entscheiden zu können, ob er mit einem bestimmten Klienten (z.B. einem Sexualstraftäter) überhaupt zusammenarbeiten kann bzw. will.
An dieser Stelle ist auch ein weitverbreitetes Missverständnis von therapeutischer Akzeptanz genauer zu betrachten: diese bedeutet ausdrücklich nicht, alles und jedes Verhalten eines Klienten zu akzeptieren. Im Gegenteil- hier sind in manchen Fällen durchaus auch sehr klare Worte des Missfallens angebracht. Therapeutische Akzeptanz richtet sich auf den Menschen, der als solcher als unbedingt wertvoll angesehen wird, nicht auf dessen möglicherweise weder für ihn selbst noch für andere akzeptablen Taten.
Die therapeutische Haltung: Kongruenz
Kongruenz („Übereinstimmung“) ist eine sehr wichtige Größe in der therapeutischen Haltung. Der Therapeut sollte in seinen Aussagen nicht zwischen verschiedenen Standpunkten hin- und her lavieren, und seine Aussagen sollten mit seiner eigenen Person, seinen eigenen Grundanschauungen und seinem eigenen Verhalten übereinstimmen, um nicht unglaubwürdig zu wirken. Inkongruentes Verhalten des Therapeuten führt zu Unglaubwürdigkeit und zu Misstrauen- beides Gift für die therapeutische Beziehung.
Um selber kongruentes Verhalten zeigen zu können, ist es wichtig, eigene innere Konflikte therapeutisch bearbeitet zu haben und nicht unbewusst in die therapeutische Beziehung einfließen zu lassen.
Lernziele
- Kenntnis der Grundprinzipien in der therapeutischen Beziehung nach Carl Rogers
- Verständnis für das Konzept therapeutischer Empathie und das Modell der Gegenübertragung
- Wissen um die Besonderheit und die Grenzen therapeutischer Akzeptanz
- Bewusstsein für die Bedeutung der eigenen Kongruenz
Praktische Übungen
Auch bei diesem Wochenende sind praktische Übungen wesentlicher Bestandteil der Fortbildung:
- Übungen in Kleingruppen zu den drei Aspekten der therapeutischen Haltung
- Vertiefung des eigenen Verständnisses der eigenen moralischen Prägung und Wertvorstellungen
- Austausch über Umgangsmöglichkeiten mit eigenen Gefühlen Klienten gegenüber
- Klärung eigener Grenzen im Verständnis für mögliches Klientenverhalten